Eigentlich bin ich nicht neidisch
auf das Glück anderer und abergläubisch bin ich erst recht nicht. Doch Cara schwört
darauf, dass ihr Ganzjahresengel ihr Glück bringt, dass er geradezu ein
Schutzengel sei. Immer dann, wenn sie eine kleine Unterstützung braucht, dann
sei er für sie da. Darauf könne sie sich verlassen.
Caras Ganzjahresengel |
So hat sie neulich, als mal
wieder Ebbe im Portemonnaie war, Lotto gespielt. Wer rechnen kann, lässt besser
die Finger davon. Doch sie ließ sich nicht beirren. Gut, den Jackpot hat sie
nicht geknackt, aber immerhin 10 Euro gewonnen. Das war zwar weniger als der
Einsatz, aber sie meinte: „Versuch macht klug!“, nahm das als ein gutes Omen und
freute sich wie die sprichwörtliche Schneekönigin. An diesem Tag hatte es auch
gerade etwas geschneit. Der Vergleich passt also. Doch so schnell wie der Schnee
von den Dächern verschwand, waren auch die 10 Euro weggeschmolzen. Ich fand jetzt nicht,
dass das ein Wahnsinnsgewinn war, auch wenn das Engelchen schmunzelte, als
wüsste es mehr.
Und tatsächlich erhielt Cara an
diesem Tag noch einen Anruf. Eine unwiderstehliche sexy Männerstimme versprach ihr: „Sie haben
gewonnen! Eine wunderbare Reise, die keine Wünsche offen lässt, wartet auf Sie. Wenn Sie jetzt auf die Sieben tippen, erfahren Sie mehr.“ Nun muss man
wissen, dass die Sieben Caras Lieblingszahl ist, geradezu ihre Glückszahl. Also
tippte sie – nein, nicht
auf die Sieben – sondern sich an die Stirn und lachte sich kaputt. „He
made my day“, schallte es durch den Raum. Ja, auch sie hat es sich angewöhnt,
Anglizismen zu verwenden. Vielleicht denkt sie, das sei modern oder ich würde
nicht verstehen, was sie sagt. Doch ich bin ja nicht blöd.
Das Engelchen lächelte weiterhin,
als wisse es längst mehr. Ich glaube, es kann gar nicht anders. Dieses
Dauergrinsen ist ihm ins Gesicht zementiert. Während ich noch über Engelchens
Lächeln und seine Bestimmung nachdachte, schellte es an der Wohnungstür. „Wer
mag das sein?“, fragte Cara. „Weihnachten ist vorbei, also mit dem
Weihnachtsmann würde ich jetzt nicht rechnen“, entgegnete ich, weil es eine
gewisse Logik hatte und weil mir überflüssige Fragen auf den Geist gehen. Da macht
man doch schnell die Tür auf und das vermeintliche Geheimnis ist gelüftet. Auf diese
Idee kam nach kurzem Zögern Cara auch. Länger hätte sie aber auch nicht zaudern
sollen, denn es war der DHL-Bote und der warte nicht stundenlang, ob ihm
aufgetan wird. Doch Glück für beide Seiten: Er wurde sein riesiges Paket los,
Cara quittierte mit krakeliger Unterschrift wie eine Erstklässlerin und nahm
das große, aber recht leichte Paket in
Empfang.
„Was mag da wohl drin sein?“,
fragte sie. „Wie wäre es mit öffnen?“, fragte ich zurück, so rein rhetorisch,
denn noch ist uns nicht die Fähigkeit gegeben, durch Pappe hindurchzuschauen. Umständlich,
aber vorsichtig entfernte sie das Klebeband, schlug dann die Pappdeckel zur
Seite und holte eine Menge an kosmetischen Produkten hervor: Seifen, Duschgels,
Gesichtscremes, Body-Lotions und sogar einen Lippenstift, auch noch in ihrer
Lieblingsfarbe. Eben alles, was ein
Frauenherz beglückt. Doch damit nicht genug. Als habe der Absender gewusst, dass hier auch
Bären sind, die sich waschen wollen bzw. sollen, waren auch spezielle
Teddy-Produkte dabei.
Wasch mir mein Fell, aber mach mich nicht nass! |
Das Überraschungspaket kam für
Cara wie aus heiterem Himmel. Mich hatte es weniger beeindruckt, denn schließlich
hatte sie in der Adventszeit enorm viel
Zeit investiert und an allen nur denkbaren Adventskalender-Spielen teilgenommen,
sodass zum einen die Wahrscheinlichkeit eines Gewinns recht groß war, ihr aber
auch die so eingesetzte Zeit zum
Geldverdienen fehlte. Daher die Ebbe im
Portemonnaie, wie oben erwähnt.
Jedenfalls strahlte sie
überglücklich und sprach die wissenden Worte: „Da sieht man mal wieder, ein
Engel im Haus und alles wendet sich zum Guten.“ Nun fand ich jedoch, dass für mich,
meinen Bruder und alle anderen Bären nicht so viel rübergekommen war, sieht man
mal von dem bisschen Seife ab. Ich hätte mich mehr über ein Paket mit Esswaren
gefreut und mein Bruder der Gourmet-Gourmand erst recht.
Ich gebe zu, es beschlich mich ein leichter Zweifel, ob mir nicht doch ein
Schutzengel fehlt. Und als könne Cara Gedanken lesen, sagte sie: „So, Zottel,
du kleiner Zweifler. Guck nicht so enttäuscht! Du sollst es doch gut haben und
Heinrich auch. Darum habe ich eine
Überraschung für euch.“ Ich kann zwar keine Gedanken lesen, aber mein Hunger
war so groß, dass ich sofort wusste, dass mein Bruder bei diesen Worten an
Schinken und Käse dachte, während ich von einem Stück Graved Lachs träumte.
Doch was wir bekamen, sah dann doch etwas anders aus. Nun können wir nur hoffen….
Doch was wir bekamen, sah dann doch etwas anders aus. Nun können wir nur hoffen….
Zottels Schutzengel |
Heinrichs Schutzengel |