Zimtsterne - ein Genuss |
Cara fuhr sich immer wieder durch
die Haare, bis ihre Frisur Ähnlichkeit mir der Urban Priols hatte. Nun muss sie wirklich mal zum Friseur, dachte
ich bei mir, sagte aber nichts, da ich merkte, mit der Stimmung stand es nicht
zum Besten. Auch Heinrich blickte von seinem Weihnachtsplätzchen-Backbuch auf
und guckte kopfschüttelnd zur stöhnenden Cara.
Das Kopfschütteln hätte er besser
lassen sollen, denn nun wurde er zum Blitzableiter für ihre miese Laune. „Guck
nicht so, und schüttele erst recht nicht deinen Kopf! Du sitzt da gemütlich und
liest Rezepte, wahrscheinlich über diese vermaledeiten Weihnachtsplätzchen,
anstatt mir zu helfen.“ Heinrich blieb ruhig
und fragte: „Warum sagst du nicht, dass du Hilfe brauchst? Und wieso überhaupt
vermaledeite Plätzchen? Das klingt doch alles sehr lecker. Ist zwar manchmal
etwas aufwendig, aber ohne Fleiß, kein Preis. Deine Worte.“ – „Komm mir nicht
so! Suche mir bitte ein paar Rezepte heraus, die ich backen kann, damit all
meine Freundinnen zufrieden sind, wenn sie am Montagabend hier aufschlagen.“
Heinrich sah noch immer nicht das
Problem und ich – ehrlich gesagt – auch nicht. Er fing an aufzuzählen: „Als
erstes Gewürzkuchen, ein Muss zu Weihnachten.“ – „Haha!“, triumphierte Cara. „Kommt nicht infrage.
Alles, was nach Lebkuchengewürz schmeckt, isst Sylvie nicht. Sie hasst
Weihnachtskekse. Also nichts mit Zimt, Nelkenpulver, Anis, Kardamom und so
weiter und so heiter. “ Heinrich schüttelte wieder den Kopf und meinte: „Verstehe
ich nicht, wie man das nicht essen will, das ist doch das Schöne an Weihnachten.
Aber bitte.“
Lebkuchenherzen - zu Weihnachten ein Muss |
Er blätterte weiter und empfahl Schweizer
Spitzbuben. Cara setzte das passende Lächeln dazu auf und fragte
scheinheilig: „Mandeln sind da aber nicht drin, oder?“ Heinrich blickte auf,
als hätte man ihm was hinter die Ohren gegeben: „Natürlich sind da Mandeln drin,
sonst sind es keine Schweizer Spitzbuben“. – „Siehste, dann ist das nichts für Gina. Sie
hasst Mandeln, Kindheitstrauma. Und komm mir jetzt nicht mit Haselnussecken, Nusshäufchen
oder -ringe, denn das ist nichts für Maria, die hat eine Nussallergie.“
Jetzt seufzte auch mein Bruder,
gab aber noch nicht auf: „Mach es dir doch ganz einfach. Nimm das Grundrezept
für Mürbeteigplätzchen und belege sie mal mit Schokostreuseln, mal mit bunten
Perlen, die anderen bestreust du mit einem Gemisch aus feinem Zucker,
angereichert mit etwas Vanillezucker, und die restlichen bestreichst du mit einer
schönen bunten Glasur. Schon bist du fertig und außerdem sieht das auch recht
hübsch aus.“ – „Schön und gut, aber was machen wir mit Biggie, sie ist seit Kurzem
auf dem veganen Trip?“, warf Cara ein und blickte erwartungsvoll in Heinrichs
Richtung. Es war für einen Moment ganz ruhig. Wäre eine Stecknadel auf den Boden
gefallen, man hätte es garantiert gehört, so intensiv wurde nachgedacht, ungelogen.
Doch dann kniff Heinrich seine
Augen zusammen wie damals vor seiner Augen-OP, als er die schrecklichen
Schmerzen hatte. Ich dachte, jetzt hat mein Bruder die geniale Back-Idee und
freute mich für ihn. Doch dann warf er sein schönes Weihnachtsplätzchen-Backbuch
in die Ecke, kümmerte sich nicht darum, ob es Schaden nahm, dabei stampfte er heftig
mit den Tatzen auf, sodass ich Angst bekam, dass dem Mieter unter uns seine
Lampe auf den Kopf fallen könnte. Er holte tief Luft und sagte ganz langsam und
deutlich, als wäre Cara schwer von Begriff: „Jetzt pass mal gut auf! Deine
Freundinnen sind nicht ganz echt, die haben alle eine gepflegte Macke. Ich sage
dir eins, du kriegst es nicht gebacken. Setz denen Montag Zwieback vor.“
Danach verließ Heinrich die Küche
und schimpfte vor sich hin: „Verwöhntes Pack! In anderen Ländern haben sie
nichts zu essen und hier wird an allem herumgemäkelt.“ Was er sonst noch so
erzählte, war nicht mehr zu verstehen, denn die Wohnzimmertür fiel ins Schloss,
dass die Glasscheibe vibrierte.