Was gute Laune macht, ist für
jeden etwas anderes. Manche sind schon guter Stimmung, wenn sie morgens ein
bisschen länger schlafen können. Die meisten freuen sich, wenn sie ein
wundervolles Essen serviert bekommen. Das wäre im Fall meines Bruders so.
Andere bekommen ein versonnenes Lächeln
um den Mund, wenn die Sonne scheint, was im Moment eher selten der Fall ist.
Und wieder andere brauchen einen ganz, ganz, besonderen einzigartigen Anlass
oder eine überraschende Begegnung.
Als Cara heute bepackt mit vielen
Tüten vom Einkaufen kam, strahlte sie. Das ist samstags eher die Ausnahme, kommt
so gut wie gar nicht vor. Sie hasst die vollen Geschäfte, die Schlangen an der
Kasse. Und da sie kein Auto hat, schleppt sie alle Lebensmittel nach Hause bis in den zweiten
Stock und pustet dann vernehmlich. Also, auch noch schlechte Kondition. Sport
würde helfen, doch das ist nicht ihr Ding.
Doch seit ein paar Wochen hat sie
ihr Ding gefunden. Sie fädelt Perlen auf und stellt Armbänder her. Ich finde zwar, das ist ein bisschen wie im
Kindergarten, aber wenn es sie so glücklich macht, wie es heute den Anschein
hatte, soll mir das recht sein.
Caras neues Hobby |
Allerdings fürchte ich, dass nun all ihre
Freundinnen mit den Werken beschenkt werden und aus Höflichkeit so tun müssen,
als seien sie unfassbar begeistert. Ich höre schon die Ausrufe: „Oh, wie hübsch
ist das denn! Das passt ganz toll zu meinem neuen Kleid!“ oder „Oh, hast du das selbst gemacht? Du bist
aber eine wahre Künstlerin!“. Was sie wirklich denken, bleibt dann ihr Geheimnis
und ich will es lieber nicht wissen. Doch wie schon gesagt, die Hauptsache ist,
dass es Cara gute Laune beschert.
Schmucker Girlie-Schmuck |
Also wagte ich heute die Frage: „Und,
wie war es denn so beim Einkaufen? Hast du alles bekommen und vielleicht noch
ein Schnäppchen gemacht?“ – „Och, eigentlich war es wie immer.“ Dabei grinste
sie wieder so verschmitzt. Und wenn jemand eigentlich sagt, dann kann man davon
ausgehen, dass er oder sie genau das Gegenteil ausdrücken wollte. Also, habe ich noch ein bisschen nachgefragt,
denn meine Neugierde war geweckt. „Waren die Verkäuferinnen freundlich?“ – „Ja,
das sind sie dort doch immer.“ „Dort ist übrigens ein preiswerter Supermarkt
mit vier Buchstaben.“ Ich ließ nicht locker: „Und stand wieder der Obdachlose
vor der Tür, der Hinz & Kunzt verkauft?“ Da fing sie an zu kichern, als
hätte ich was völlig Blödes gefragt. Sie kriegte sich gar nicht mehr ein und ich dachte
schon, sie habe bereits am frühen Morgen…., aber das konnte nicht sein, sie
trinkt nur abends und das auch nur in Maßen. Ich musste inzwischen auch lachen,
denn sie bog sich und ihr liefen die Tränen die Wangen herunter. Da war ja wohl was sehr Komisches passiert.
Als sie wieder einigermaßen ruhig
atmen konnte, sagte sie: „Vor der Tür stand….“, dann gnickerte sie wieder wie
ein Teenager, holte Atem und stieß hervor. „Jean-Luc.“ Aha, ist ja nicht so
witzig, dachte ich bei mir. Denn es wäre mir lieber gewesen, wenn ich von dem Gernegroß
nichts mehr gehört hätte. Hatte hochfliegende Träume und machte immer auf „Mir
gehört die Welt, denn ich hab die Taschen voller Geld.“ Also fragte ich weiter:
„Und was ist jetzt so drollig daran? Will er sich etwa wieder mit dir treffen? Oder
hat er sich einen Ziegenbart wachsen lassen?“ – „Nein, Zottel, er hat mich gar
nicht gesehen. Er verteilt jetzt eifrig Werbeblättchen an die Käufer. Alles ist
gekommen, wie er immer gesagt hat: Ich sehe mich in der Werbung.“