Donnerstag, 19. Juni 2014

Ein Freund ist auf alles vorbereitet


Mein Bruder kann auf dem rechten Auge nur noch alles verschwommen sehen. Ein großes Handycap für ihn, wo er doch so gern Kochbücher anschaut. Da guckt er vielleicht so wie Clarence, der Löwe aus Daktari. Der Augenarzt sagte, es müsse operiert werden, dann würde alles wieder gut. Keine große Sache.

Keine große Sache, das sagen sie gern die Medizinmänner, wenn es sie nicht selbst betrifft. Doch Cara und ich machten uns Sorgen. Aber da musste Heinrich nun durch. Gestern war der Tag der OP. Unser Nachbar hat uns hingefahren, denn Cara hat ja kein Auto. Kaum war Robert ein Stück gefahren, rief sie: „Mist, Mist, Mist!“ In der Aufregung hatte sie vergessen, ihren Anrufbeantworter anzustellen und nun rechnete sie damit, dass die Anrufe von Kunden ins Leere gingen. Das drückte nochmals auf die Stimmung, aber nicht lange, denn Robert fing an zu singen: „Kein Schwein ruft mich an, keine Sau interessiert sich für mich“. Da haben wir gelacht, sogar Heinrich, der doch ein bisschen Angst hatte. Und ich habe mich gewundert, dass Robert so gut Max Raabe nachmachen konnte.

Endlich waren wir da und gingen ganz langsam die Stufen hoch zur Praxis. Wir mussten nicht lange warten. Heinrich durfte gleich in den OP und Cara konnte ihn begleiten. Ich musste im Wartezimmer bleiben. Das habe ich nicht verstanden, schließlich bin ich sein Zwillingsbruder. Und schon machte ich mir noch mehr Sorgen um Heinrich. Robert durfte auch nicht mit in den OP. Für ihn war es aber auch Essenszeit und damit der Moment, um sich zu verabschieden. Man muss nämlich wissen, er isst immer Punkt 13 Uhr. Gewohnheit ist eben Gewohnheit. Darum war ich umso verwunderter, dass er bei mir blieb. Er habe gut gefrühstückt und könne das Mittagessen ausfallen lassen. Schnell griff er zu einer Frauenzeitschrift, die dort auslag. Na, toll, zwei Männer lesen in einer Frauenzeitschrift! Doch dann kam mir eine Idee: „Du, Robert, können wir nicht die Rezepte aus dem Heft herausreißen? So als Überraschung für Heinrich, wenn er wieder sehen kann?“ Ja, wenn…. Und schon war sie wieder da, die Angst, dass die OP misslingen könnte. Also, Rezepte wollte unser Nachbar nicht herausreißen, denn die Zeitschrift gehöre ja dem Arzt. Aber wir haben ein bisschen weiter geblättert und da gab es Sudokus zu lösen. Ha, wie toll! Da war ich in meinem Element. Leider hatte ich keinen Bleistift dabei, aber Robert. Als hätte er das geahnt. Eines muss ich aber sagen, er hatte null Ahnung von Sudokus. Ich musste ihm alles haarklein erklären, manchmal sogar zwei oder drei Mal. Er war richtig kleinlaut, dafür knurrte sein Magen umso geräuschvoller. Da dämmerte es mir, er hatte tatsächlich meinetwegen auf sein Mittagessen verzichtet. Das nenn ich mal Freundschaft!

Kaum hatten wir zwei Sudokus gelöst, ging auch schon die Tür auf und Cara kam herein, auf wackeligen Füßen und ganz weiß im Gesicht. „Wo ist Heinrich?“, rief ich voller Panik. Sie hauchte nur: „Alles gut, Zottel, er soll sich nur noch etwas ausruhen. Aber ich muss so eine OP kein zweites Mal mitansehen.“ Da holte Robert seinen silbernen Flachmann aus der Jackentasche und hielt ihn Cara hin. „Nee, lass mal, ich habe noch nicht mal gefrühstückt vor lauter Aufregung.“ - „Los, runter damit!“ Und haste nicht gesehen, schon schoss ihr die Röte ins Gesicht, als hätte jemand etwas Peinliches gesagt. Sie nahm gleich noch einen zweiten Schluck und seufzte: „Ja, das tat gut.“ Und noch besser tat es, als die Tür aufging und die Assistentin mir meinen Zwillingsbruder brachte. Er trug zwar eine alberne Augenklappe, aber dafür sein Schicksal ganz tapfer und meinte: „Heute Abend koche ich für euch etwas ganz Besonderes. Ihr werdet schon sehen.“ „Na, dann ab ins Auto!“, sagte Robert prompt, denn schließlich hatte er Hunger. 
Heinrich geht es schon wieder gut und Zottel auch


Donnerstag, 12. Juni 2014

Es geht wieder los


Unsere Jungs schaffen das!

Also, ich habe mich schon mal in Position gebracht und warte darauf, dass unsere Jungs auflaufen. Ganz klar bin ich der Meinung, dass sie dieses Mal gewinnen. Das Freiburger Bärle ist sich nicht ganz sicher. Da müsse Jogi Löw schon den Matthias Ginter aufstellen, denn der kommt aus Freiburg, spielt für Freiburg und das auch noch gekonnt. Nur so werde ein Schuh draus. Wieso eigentlich ein Schuh? Einen Pokal wollen wir haben. 
Ginter, Ginter, Ginter!!!
 
Mein Bruder  – und das erstaunt jetzt sicher niemanden – hat kein Interesse am Fußball, sondern nur an den Gerichten, die traditionell in Brasilien auf den Tisch kommen. Da gibt es eine scharfe Suppe namens Tacacá. Wenn ich das so recht bedenke, vergeht mir schon bei dem Wort der Appetit und ich hoffe, Heinrich wird sie uns nicht vorsetzen. 

Cara seufzt und sagt: „Ach, seitdem der Ballack nicht mehr mitspielt, habe ich das Interesse an der WM verloren, da ist mir das alles zu lahm.“ Aber letztlich schaut sie doch, wenn Deutschland spielt und Per Mertesacker aufgestellt wird, denn der kommt aus ihrer Heimatstadt. Da wird sie ganz schnell zur Lokalpatriotin, wenn sie das auch nicht zugeben würde. Ja, sie lädt sogar ihre Freundinnen ein, serviert ihnen leckere Caipirinhas und irgendwelchen Knabberkram. Und nach dem zweiten Glas kommentieren sie alles, wenn auch falsch, denn sie sagen viel zu oft: Saúde!

Man kann sich hier also auf einiges gefasst machen in den nächsten Wochen. Ich bleibe jedoch bei meiner Überzeugung, dass wir die Trophäe überreicht bekommen. Und ich will den Jogi Löw lachen sehen, und die Kanzlerin soll wieder voller Begeisterung in die Hände klatschen und von ihrem Sitz aufspringen. Das kann sie am besten.

Cara – ganz die Renegatin - ist überzeugt, dass die Spanier den Sieg davontragen. Doch jetzt kommt’s: Der BiberJustin  glaubt doch tatsächlich, der Pokal gehe an die Schweiz. Dazu kann ich nur sagen, das wäre das zweite Wunder von Bern. 
Wir haben doch auch die beste Schoki
Warum denn nicht die Schweiz?  

Dienstag, 10. Juni 2014

Spitzfindig sein und es gibt kein Problem


Ein Geschenk für dich oder für mich?
Am Samstag traf hier ein Paket für Cara ein. Das war dann mal ziemlich knapp, nur zwei Tage vor Heinrichs und  meinem Geburtstag.  Für mich stand fest, darin befand sich mein Geschenk. Allein das Format des Kartons war verräterisch, denn es passte genau ein Net-Book oder ein schönes Tablet hinein. Endlich hat Cara es kapiert. Zukünftig kann ich nach Herzenslust bloggen und fleißig an meinen Memoiren schreiben, so dachte ich. Doch dann sah mich Heinrich an, als ob ich sie nicht alle hätte, und sagte: „In dem Paket ist das Geschenk für mich. Das ist doch sonnenklar. Bei diesem Format liegt darin das Buch „Jerusalem“. Das konnte ich nicht glauben: „Heinrich, du interessierst dich doch gar nicht für Heilige Stätten! Für dich gibt es doch nur eines: Essen“- „Eben“, sagte er, „es ist ja auch ein sehr, sehr schönes Kochbuch. Du musst wissen, es wurde von einem Israeli und einem Palästinenser geschrieben, denn ein gutes Essen trägt zur Verständigung bei. Die beiden haben es eben geschnallt.“ Meine Güte, mein Bruder, solch ein Optimist! Nun, in zwei Tagen würden wir mehr wissen, sicherlich nicht, ob der Palästinenser-Konflikt auf diese Weise gelöst wurde, aber was das Paket enthielt.  

Abends kam Cara spät nach Hause. Den Karton hatten wir mitten auf ihren Schreibtisch gestellt, damit sie ihn bloß nicht übersieht. Wäre gar nicht nötig gewesen. Ihr Blick klebte gleich an dem Karton und sie sagte: „Ach, da ist es ja endlich, das gute Stück. Da habe ich schon wie verrückt drauf gewartet“. Ja, das hätte schiefgehen können. Dann hätte sie ohne Geschenk für uns dagestanden. Das wäre für sie sehr, sehr peinlich gewesen und wir hätten unsere Enttäuschung auch nicht verbergen wollen. 

Nun sollte man ja annehmen, sie hätte das Paket versteckt.  Nein, sie packte es vor unseren Augen aus und heraus kam ein Videorecorder! Spitzfindig wie sie ist, wollte sie uns das Ding schmackhaft machen. Da könnten wir Sendungen aufnehmen, ich könnte mich weiterbilden, Ideen sammeln für mein Blog, und Heinrich würde keine Kochsendung mehr verpassen. Das wäre doch eine feine Sache. Ich weiß, im Grunde will sie mich von ihrem PC wegdrängen. Doch nicht mit mir!

Da konnte ich es mir nicht länger verkneifen: „Cara, was denkst du, was dein so verehrter Dr. Manfred Spitzer dazu sagen würde? - "Ein Videorecorder ist ein Baustein für die digitale Demenz“, würde er dir ins Gesicht schleudern." Meine Leser müssen nämlich wissen, dass sie gern Bücher von Herrn Spitzer liest und auch oftmals seiner Meinung ist. Da darf ich dann mal ganz spitzfindig sein und sie mit ihren eigenen Waffen schlagen. Sie hörte mir aber überhaupt nicht zu, installierte unbeirrt weiter den Recorder. Ich gebe zu, ich machte mir Sorgen. Das sollte nun unser Geschenk sein? 

Gestern habe ich mich beim Aufwachen schon gar nicht mehr gefreut, dass ich Geburtstag habe. Und das war auch gut so, denn auf dem Tisch stand kein lecker duftender Kuchen für uns. Es war auch überflüssig, unter dem Tisch nachzusehen, unter den war  nur unser Geburtstag gefallen. Kein Vergleich zum letzten Jahr. Doch als Cara unsere enttäuschten Gesichter sah, meinte sie: “Nun guckt nicht so. Es gibt gar kein Problem, ich habe mir was für euch ausgedacht. Allerdings PC und Fernseher bleiben aus.“ Als ich das hörte, hatte ich so meine Bedenken, dass ihre Wahl auf etwas fiel, das u ns so gar nicht gefiel. Hoffentlich würde  es kein Besuch bei ihrem Guru Spitzer, der vielleicht in der Stadt einen Vortrag hielt.

Doch sie machte es spannend und verriet nichts, setzte uns in ihre riesige Tasche und los ging es. Ziel waren die Landungsbrücken. „Ah, eine Hafenrundfahrt bei schönem Wetter“, meinte mein Bruder. „Hoffentlich bekommen wir dort auch was Leckeres zu essen.“  Oh, er mit seinem Essen. Meine Laune segelte schon wieder Richtung Tiefpunkt. Doch plötzlich legte eine Barkasse mit der Aufschrift "König der Löwen" an. Ich konnte es nicht fassen. Wir fuhren zu diesem tollen Musical. Und was soll ich sagen, es war so beeindruckend, dass wir auf der Rückfahrt immer nur riefen: Hakuna matata! Falls jemand es nicht weiß, das bedeutet: Es gibt kein Problem! Und jetzt wollen wir noch mal hin und einen Blick hinter die Kulissen werfen. Das kriegen wir schon hin und ich weiß auch schon wie: Hakuna matata!