Sonntag, 27. Oktober 2013

Zeitenwende – Pflanzenende


Heute wurde uns die Stunde wieder zurückgegeben, die man uns im Frühjahr geklaut hatte. Ich habe bereits im letzten Jahr geschrieben, dass ich das nicht mag, dieses Herumgespiele an der Uhr. Baby Lou hat sich natürlich gefreut. Er konnte eine Stunde länger schlafen. Seine Fröhlichkeit war fast nicht auszuhalten. Und auch Cara ist mit allerbester Laune und enormem Tatendrang in den Tag gestartet. Schließlich habe sie eine Stunde geschenkt bekommen, die wolle sie dann auch sinnvoll nutzen. Beneidenswert, wer so naiv ist und das tatsächlich glaubt. Doch ich wollte ihr die Freude nicht nehmen und habe mal nichts gesagt. 

In ihrer Superlaune ist sie sofort auf den Balkon gegangen, hat in die Sonne beblinzelt und gemeint: „So, die sind nun auch endlich fertig“. Und schon wollte sie die Sommerpflanzen aus den Kästen reißen. Da war ich aber fertig, allerdings nur für ein paar Sekunden, dann habe ich ihr die Schaufel aus der Hand genommen. „Dir geht's wohl zu gut! Die leben noch, die blühen, und zwar sehr schön. Das sieht man doch. Mach mal die Augen auf!“ In diesem Moment machte der Himmel seine Schleusen auf. Ich konnte ihn verstehen. 
So schön blühen die noch
Die kann man doch nicht einfach wegwerfen
Zottel tritt für das Leben der Pflanzen ein
 
Wie kann man nur! Ich bin immer noch empört, nur weil die Nachbarn rechts und links schon Erika gepflanzt haben, muss sie das auch tun. So was von spießiger Nachäfferei. Kurz darauf rief unsere Nachbarin Silvie an und fragte, ob Cara etwas Erde bräuchte, sie habe viel zu viel davon. Na, die hatte mir gerade noch gefehlt. Diese Frage war Wasser auf meine Mühlen. Ich habe Cara angefunkelt und sie hat herumgedruckst, ja sie wisse nicht, ob und wie sie den Balkon für den Herbst bepflanzen werde. Und außerdem bei ihr blühe es schließlich noch so schön. Da wolle sie die Pflanzen nicht einfach wegwerfen.  Na bitte, geht doch!

Sonntag, 20. Oktober 2013

Eine harte Nuss, aber nicht für Zottel


„Gott gibt die Nüsse, doch er knackt sie nicht für uns“, hörte ich Cara ins Handy sprechen, wobei sie lachte, als habe sie den tollsten Witz des Tages gemacht. Von wem auch immer sie diese Weisheit geklaut hatte, ich lass mich nicht so schnell beeindrucken, sondern wollte lieber wissen, mit wem sie da so belehrend redete. Es war Oliver, ihr Cousin, der sich bitter beklagte, dass sein Walnussbaum in diesem Jahr wieder so viele Nüsse produziert habe und er gar nicht hinterher käme, sie aufzusammeln. Und trocknen müsse man sie auch, damit sie nicht schimmeln.

Kurze Pause im Korb für die Walnüsse
Ich halte ja nicht viel von schlauen Sprüchen. Da war schließlich Hilfe notwendig. Ich also nichts wie hin. Wer öfters meine Blogbeiträge liest, weiß, dass ich bereits Erfahrung als Erntehelfer habe. Also habe ich drei Tage mit Oliver Walnüsse aufgesammelt. Den ersten Tag hat es geregnet, da hat es keinen Spaß gemacht. Am zweiten Tag schien die Sonne und am dritten auch. Da war Oliver froh und meinte: „Oh, das ist gut für das Laub, dann ist es nicht so durchgeweicht und schwer. Denn das müssen wir auch noch aufsammeln.“ Dass da noch mehr Arbeit auf mich zukommt, hatte ich nicht gewusst und bekam allmählich schlechte Laune, zumal sowohl Cara als auch Heinrich sich vor der Hilfe gedrückt hatten. Mein Bruder hörte das Wort Walnüsse und schon sagte er: „Oh, da kümmere ich mich gleich mal um Kochrezepte. Es gibt da so ein persisches Gericht mit Hühnchen und da kommen viele Walnüsse rein.“ Unter uns, sein Gourmet-Tick geht mir allmählich auf den Geist. 


Doch es half ja alles nichts, das Laub musste eingesammelt werden und ich wollte Oliver nicht im Stich lassen. Als ich eine große Schaufel holte und es in einen Sack beförderte, lachte er nur. Das kann ich nun gar nicht vertragen. Ich helfe und werde auch noch ausgelacht. Das habe ich ihm auch gesagt: „Ich schmeiß gleich die Schaufel in die Ecke.“ - „Mach nur“, hörte ich noch von ihm und schon verschwand er im Geräteschuppen. Als er zurückkam, hatte er Kopfhörer auf. Klar, bei der langweiligen Arbeit ein bisschen Musik, das war eine gute Idee. Darauf hätte er schon beim Einsammeln der Nüsse kommen können. Und außerdem hätte ich auch gern Kopfhörer und einen iPod gehabt. Doch da zeigt es sich mal wieder, nur der brave Mann denkt an sich selbst zuletzt. Während ich schon wieder schlechte Zottellaune bekam, stellt er den Staubsauger an, den er in der Hand hielt. Der blies nun die Blätter zu vielen Häufchen zusammen und Oliver strahlte, weil das so schön schnell ging. Coole Sache, dachte ich, nur ein bisschen laut. Mit einem Mal kam eine heftige Sturmböe und die Häufchen waren sozusagen vom Winde verweht. Oliver fluchte: “Verdammter Wind aber auch!“ und riss sich die Kopfhörer von den Ohren. Ich habe mich getrollt und weiß nicht, ob er noch hörte, wie ich sang: “Here's a little song I wrote. You might want to sing it note for note. Don't worry be happy. In every life we have some trouble but when you worry you make it double. Don't worry be happy.“

Dienstag, 8. Oktober 2013

Zottels 100. Beitrag – ein Grund zum Feiern?


Dies ist mein 100. Beitrag. Eigentlich ein guter Grund zu feiern. Wird jemand 100, wird gefeiert, besteht eine Firma 100 Jahre, wird gefeiert, ist ein berühmter Mensch 100 Jahre tot, wird er gefeiert, obwohl er dann gar nichts mehr davon hat. Vielleicht sagt Cara deshalb so oft: Man soll die Feste feiern, wie sie fallen.

Doch ich habe jetzt erst einmal genug von den Festen. Erst der Tag der Deutschen Einheit und dann Erntedank am letzten Sonntag. Die Idee, an diesem Tag ein besonderes Gericht zuzubereiten, hatte natürlich mein Bruder. Wie könnte es auch anders sein! Er hat uns eine Scheewittchen-Pizza versprochen. Schon schoss es mir durch den Kopf: weiß wie der Teig, rot wie saftig aromatische Tomaten und leckere Salami und schwarz wie reife Oliven. Und das alles mit einer dicken Schicht Käse darüber. Ich konnte es gar nicht erwarten. Als Cara und ich dann vom Duft angelockt in die Küche kamen, hatte Heinrich nicht zu viel versprochen. Schneewittchen ließ grüßen. Die Anrichte und auch der Fußboden waren von einer schneeweißen Mehlschicht bedeckt. „Ja, wo gehobelt wird, fallen Späne“, meinte Cara gut gelaunt und wischte schnell das weiße Gekleckere weg. Ich fand zwar, der Vergleich passte nicht so ganz, doch wer will schon als kleiner Klugscheißer dastehen. Also habe ich mal nichts gesagt, sondern mich auf das leckere Essen gefreut. 

Als Heinrich die Pizza aus dem Ofen holte, habe ich mir die Augen gerieben. Auf dem dünnen Teig gab es eine ebenso dünne Schicht Mozzarella, ein paar Blättchen Basilikum und grob gemahlenen schwarzen Pfeffer. Sonst nichts, keinen zweiten würzigen Käse, keine Tomaten, keine Salami und auch keine Oliven. Doch wir hatten Hunger und haben tapfer gegessen und gelogen, dass es ganz hervorragend schmecke. Schließlich war Erntedank und da dankt man für alles, was es gibt, auch wenn es dieses Mal etwas mehr hätte sein können. Als Nachtisch durften wir uns einen Apfel nehmen. Cara sagte: „Puh, nein danke, ich bin so was von satt. Ich kann nicht mehr.“ Das hat mich zwar gewundert, aber auch dazu habe ich nichts gesagt.

Nach dem Essen war die Stimmung etwas gedrückt. Cara hat sich vor den Fernseher gesetzt und ich habe ein Sudoku gelöst und letztlich sind wir alle früh schlafen gegangen. Normalerweise schlafe ich sehr fest, doch in dieser Nacht weckte mich ein ständiges Brummen. Es war mein Magen, der knurrte. Da kann man ja nicht wieder in den Schlaf finden. Also bin ich auf leisen Plüschpfoten Richtung Küche marschiert, um mir ein paar Honigbonbons zu holen. Ganz vorsichtig habe ich die Tür aufgemacht, denn sie quietscht manchmal. Dieses Mal machte die Tür: “Psst! Mach schnell wieder zu, dass Heinrich nichts merkt!“ Am Tisch saß Cara, in der einen Hand ein großes Stück Gouda, in der anderen ein Stück Salami und vor ihr ein Glas Rotwein. Ich glaube, ein bisschen peinlich war ihr das schon, dass ich sie ertappt hatte. Doch dann sagte sie: „Zottel, es ist Erntedank. Nicht allen geht es so gut, dass sie einen vollen Kühlschrank haben. Da wäre es doch dumm,  die Feste nicht zu feiern, wie sie fallen.“
Honigbonbons und ich kann wieder schlafen

Freitag, 4. Oktober 2013

Zottel und der Tag der Deutschen Einheit


Gestern wollte ich die deutsche Einheit feiern und hatte mich auf diesen Tag gefreut wie Bolle. So zur Einstimmung habe ich morgens Cara einen Becher Tee ans Bett gebracht, schön geschmückt mit einer schwarz–rot–goldenen Girlande. Als sie noch völlig verpennt nach dem Becher griff, hatte sie wohl nicht den Henkel erwischt, sondern sich in dem nationalen Bändchen verheddert und der Tee landete auf ihrem hellen Teppichboden. „Oh, merde alors!!!“, rief sie aus und war schlagartig wach. 
Tee am Bett zum Tag der Deutschen Einheit

Ich habe mich dann lieber erst mal verkrümelt. Das war nicht der gelungene Start in den Tag und von Einheit war nicht mehr die Rede. Als ich vorsichtig fragte, ob man denn vielleicht für den Nachmittag ein paar leckere Muffins backen könnte, hörte ich nur: „Nee, das ist heute nicht drin. Ich muss arbeiten“. Also war auch der PC für mich blockiert. Da hätte ich nun allen Grund gehabt, merde alors zu sagen.

Aber irgendwie musste die Stimmung doch noch zu retten sein. Ich bin ja nicht blöd und habe mir Caras Handy geschnappt und ihren Freudinnen eine SMS geschickt: „SOS – Cara schlechte Laune. Kommt um 20 Uhr, bringt aber was zu essen mit. Gruß Zottel.“ Punkt 20 Uhr standen alle vor der Tür. Biggie und Doro hatten eine riesige Portion Sushi mitgebracht, denn sie lieben diese kleinen Reisröllchen mit Fisch und das scharfe Zeugs dazu. Lisa kam mit einem Topf Kürbissuppe mit Ingwer und Kokosmilch. Außerdem schenkte sie mir ein großes Glas Johannisbeermarmelade, weil ich ihr doch immer bei der Ernte in ihrem Garten helfe. Maria hatte eine Schachtel selbstgemachter Cantuccini dabei. Ich kann es nicht anders sagen, die Überraschung war gelungen und Cara strahlte zum ersten Mal an diesem Tag.

Als mein Bruder Heinrich das Aufgebot an Leckereien sah, guckte er verdutzt und meinte: „Da ist ja gar nichts aus Deutschland dabei, und das zum Tag der Deutschen Einheit!“ Er hatte natürlich Recht, aber Cara hat die Situation gerettet. Sie fischte aus ihrem Weinregal einen Schwarzriesling und einen Weißburgunder. Voller Stolz sagte sie: „Kennt ihr sicher noch nicht, aus Deutschlands nördlichstem Anbaugebiet.“ Biggie guckte sich das Etikett an, verzog den Mund, als habe sie in eine Zitrone gebissen, und sagte: „Ei verbibbsch, sächsischer Wein“ und hatte damit die Lacher auf ihrer Seite. Nur Cara machte ein ernstes Gesicht und meinte ganz trocken: „Erst probieren, dann meckern!“ Unter uns, der Wein schmeckte allen und es blieb nicht bei den beiden Flaschen. Es wurde ein langer, noch recht lustiger Abend. Dennoch war es  gestern kein durchweg harmonischer Tag. An der Einheit – auch im Freundeskreis –  muss wohl noch gearbeitet werden.