Sonntag, 30. Juni 2013

Ich bin dann mal weg


Heinrich wird vermisst
Auch wenn ich Hape Kerkeling den Erfolg mit seinem Buch gönne, ich kann es nicht mehr hören, alle sagen stets: Ich bin dann mal weg. Dabei gehen sie gar nicht den Jakobsweg, sondern manchmal nur Zigaretten kaufen. Heinrich dagegen hat gar nichts gesagt, aber weg war er trotzdem und ich habe mir große Sorgen gemacht und mich gefragt, wohin er denn verschwunden sei. Vielleicht hatte er Sehnsucht nach Jens bekommen und besuchte ihn nun in München, wo er studiert. Jens ist nämlich der Junge, bei dem Heinrich gewohnt hat und mit dem er groß geworden ist, oder umgekehrt. Und als Jens nun zuhause ausgezogen und nach München gegangen ist, da haben seine Eltern wohl gedacht, der Sohn ist erwachsen und der Teddy kann entsorgt werden. Ihn in den Müll zu schmeißen, war ihnen aber dann doch zu grausam und darum haben sie ihn aufs Mäuerchen gesetzt, wo ihn Uwe fand. 

Also, Dienstag ging es mir ganz mies vor lauter Kummer. Da half es auch nicht, dass Cara mir ein riesiges Eis spendiert hat, Tartufo, meine Lieblingssorte. Es hat mir nicht geschmeckt, aber gesagt habe ich es ihr nicht, denn sie hat es ja gut gemeint. Um auf andere Gedanken zu kommen, habe ich den ganzen Abend vor dem Fernseher gesessen. Auf ARD lief erst „Tierärztin Dr. Mertens“, dann „Die Sachsenklinik“. Überall spielten sich furchtbare menschliche Dramen ab. Doch was war das alles gegen das bärige Drama, das ich erleben musste? Und das Schlimmste, ich wurde einfach nicht müde, obwohl Cara immer behauptet, fernsehen sei ein gutes Schlafmittel. Bei ihr hatte es auch gewirkt.

Da habe ich dann mal den Sender gewechselt, vielleicht hat ja ZDF das ermüdendere Programm. Da war ich aber falsch beraten. Als ich umschaltete, sprang Urban Priol munter herum. Also, wenn ich den so sehe, dann denke ich immer, die Sendung trägt zu Recht den Namen „Neues aus der Anstalt“. Doch dann habe ich genau hingesehen, also quasi immer an Herrn Priol vorbei. Auf dem Empfangstresen, da saß ein Bär, der war Heinrich sehr ähnlich (Bitte hier klicken und gucken!). Natürlich hätte es auch eine Täuschung sein können, manchmal sieht man ja nur das, was man sehen will. Ich wurde mir immer sicherer, es war Heinrich. An der leicht gebückten Haltung habe ich ihn erkannt. In der Maske hatten sie aber ganze Arbeit geleistet, sein Fell nochmals aufgehellt und schön glatt geföhnt oder – armer Heinrich! – glatt gegelt. Schnell habe ich Cara geweckt und sie war auch der Überzeugung, das sei eindeutig Heinrich, kein Zweifel!

Mein Bruder im Fernsehen! Da hatte ich zwei Gefühle, ach, in meiner Brust. Zum einen war ich sehr stolz auf ihn, zum anderen fragte ich mich, warum nicht ich. Vielleicht sollte ich mich auch mal bei einem Kabarettisten bewerben, beispielsweise bei Volker Pispers. Cara aber meinte, der rockt seine Show lieber alleine. Sie hat ihn nämlich neulich live erlebt und war begeistert, aber auch erstaunt, dass er so weit links steht. Das wiederum hat mich gar nicht verblüfft. Hagen Rether sitzt auch immer ganz links auf der Bühne an seinem Flügel. Ich glaube, den werde ich mal fragen, ob ich nicht auf seinem schönen schwarzen Flügel Platz nehmen darf. Und wenn er dann wieder behauptet: „Es interessiert uns nichts“, dann werde ich ihm aber mal aufzählen, was mich alles interessiert, und das ist nicht wenig. Da gibt es die Sprache der Pflanzen, mein Blog, Lachse angeln und auch essen, Freeclimbing, wie man ein Sudoku löst. Meine Leser wissen das längst von mir. Nur was sie noch nicht wissen, seit Mittwoch ist Heinrich wieder hier.   
Heinrich ist wieder da








Montag, 24. Juni 2013

Blut ist dicker als Wasser


Sollten meine Leser mich vermisst oder gar gedacht haben, Zottel hätte keine Lust mehr zu schreiben, dann kennen sie mich schlecht. Doch auch ein Bär muss manchmal tun, was ein Bär tun muss und in seinem Leben Prioritäten setzen. Denn nun ging es erst einmal darum zu erfahren, wie es meinem Zwillingsbruder Heinrich all die Jahre ergangen ist. 

Doch davon ein anderes Mal. Immer schön eins nach dem anderen. Heute berichte ich, wie Heinrich zu mir kam. Ja natürlich, schon klar, mit Uwe im Rucksack. Doch wie ist er zu ihm gekommen?

Dazu muss man wissen, Uwe ist ein guter Beobachter. Dem entgeht nichts. Und so sah er eines Tages, dass ein Bär, der mir verdammt ähnlich sah, allein auf einer Mauer saß. Sonst weit und breit niemand zu sehen. Ein verlassener, verwaister, armer Kerl hockte da. Dennoch ist Uwe erst einmal nach Hause gegangen, weil er glaubte, ein Kind habe Heinrich vergessen. Kinder können ja richtige Schussel sein und nachher ist das Geschrei groß, wenn der Teddy gesucht wird. Eine gute Gelegenheit, um mal wieder an Thomas Müller zu erinnern, der im Weihnachtsgetümmel vergessen wurde. Kommt alles vor.

Am  nächsten Tag hat Uwe noch mal nach dem Rechten gesehen und da saß Heinrich immer noch auf der Mauer, mit hängenden Ohren und nassem, verschmutztem Fell, denn es hatte in der Nacht geregnet. Da hat er ihn mit zu sich nach Hause genommen und ihn mit Wasser und seiner holländischen Duftseife gebürstet, manchmal auch gegen den Strich. Dabei pfiff er "Wenn es Frühling wird, dann schick ich dir Tulpen aus Amsterdam" und schrubbte weiter gründlich. Hätte nur noch gefehlt, dass er meinen Bruder in die Waschmaschine gesteckt hätte.
Heinrich geht baden
 
Nun ist Heinrich nicht Meister Petz, sondern der Meister Proper unter den Teddybären. Das verstrubbelte Fell muss er hinnehmen. Doch ich habe es nicht hingenommen, dass einige meiner Geburtstagsgäste meinten, er sei gar nicht mein Zwilling, mein Fell sei nicht ganz so hell. Na, denen habe ich aber gesagt, wer hier nicht ganz helle ist. Ich werde das doch wohl besser wissen. Schließlich ist Blut dicker als Wasser. Obwohl, als ich dann zu Heinrich schaute, wie er so unbeteiligt dasaß, als ob ihn das alles nichts angehe und er nicht das Maul aufmachte, bekam ich bärige Lust, ihm so richtig eine reinzuhauen. Ich habe es aber nicht getan, sondern mich geschämt, dass ich emotional so entgleist bin. Und dann fiel mir die böse Geschichte von Kain und Abel ein. Nun habe ich Zweifel. Vielleicht ist Blut doch nicht immer dicker als Wasser.   

Sonntag, 9. Juni 2013

Zottels Geburtstagsüberraschung


Heute an meinem Geburtstag bin ich vor lauter Freude noch früher aufgestanden als sonst. Ich habe gleich damit angefangen, die Servietten für die Kaffeetafel zu falten, denn schließlich soll sich keiner meiner Gäste mit der Hand den Mund abwischen müssen. Das ist nämlich nicht fein und passt schon gar nicht zu den tollen Torten, Macarons und Cupcakes, die uns Monsieur Toddier liefern wird.
Schöne Servietten zu leckeren Torten

Gerade hatte ich an den Super-Pâtissier gedacht, schon klingelte es und ich war gespannt, wie all die Leckereien aussehen würden.  Doch zu meiner Überraschung war es Uwe, der vor der Tür stand. Das hat mich sehr verwundert, denn er war wie alle anderen für 15 Uhr eingeladen und nicht für vormittags. Er hat mir ganz herzlich zum Geburtstag gratuliert und dann gesagt: „Zottel, ich habe  als Überraschung noch jemanden mitgebracht.“ Oh je, Uwe hat eine neue Freundin, die er uns jetzt vorstellen will, ging es mir durch den Kopf. Um ehrlich zu sein, darauf war ich gar nicht scharf, denn seine letzte Angebetete war nicht sehr unterhaltsam. Sie konnte nur einen Satz: „Oh, das ist aber interessant.“ Damit kommentierte sie alles, was gesagt wurde. Das ist wie bei Facebook, wenn jemand nie etwas selbst postet, sondern immer nur auf „Like“ klickt. Doch ich schweife ab. Wo war nun seine Neue? Ich sah niemanden. Doch Uwe stellte erst mal umständlich seinen Rucksack ab und kramte darin herum. Aha, nun sucht er mein Geschenk, dachte ich bei mir. Und dann zog er hervor, was mir sehr vertraut war und was ich mir mehr als alles andere gewünscht hatte. Ich traute meinen Augen nicht. Es war Heinrich, mein Zwillingsbruder, von dem man mich vor vielen Jahren auf so grausame Weise getrennt hatte. Da war ich sprachlos, was bei mir eher selten passiert. Doch dann gab es kein Halten mehr und Heinrich und ich haben uns erst einmal ganz innig umarmt und festgehalten. 
Zottel und Heinrich
 
Nun habe ich aber viele Fragen: Wie kam Heinrich zu Uwe? Wo hatten sich die beiden getroffen? Wo hatte Heinrich die ganze Zeit gelebt? War es ihm gut gegangen? Darauf brauche ich jetzt ganz dringend Antworten, noch bevor meine Gäste zum Kaffeetrinken kommen. Und darum, meine lieben Leser, verabschiedet sich ein überglücklicher Zottel für heute. Von meinem Geburtstag und von Heinrichs Schicksal berichte ich ein anderes Mal. 
Zottel und Heinrich - jetzt und für immer unzertrennlich

Sonntag, 2. Juni 2013

Zottel nimmt Abschied


Rapunzel, sag doch was!
Es war sehr traurig, doch ich habe mich für immer von Rapunzelchen verabschieden müssen. Meine Leser erinnern sich sicher, ich habe vor einem Jahr versucht, an den Wurzeln von Pflanzen zu horchen, um sie zu verstehen (links ein Foto zur Erinnerung). Und dazu boten sich natürlich Orchideen mit ihren langen Luftwurzeln an. Auch jetzt hatte Rapunzel zwar immer noch lange Wurzeln, aber alle waren verholzt und sie hatte Blatt für Blatt verloren, an Blüten war schon lange nicht mehr zu denken. Ein Bild des Jammers! Kurz gesagt, Rapunzel ist tot.

Nun gibt es ja Menschen, die werfen dann Pflanzen einfach so in den Müll. Das geht gar nicht, zumal sie hier jahrelang wundervoll geblüht und mich erfreut hat. Und so sind Cara und ich gestern Abend in den kleinen Park gegangen, als Helene Fischer zur Hochform auflief und auch Bayern München gegen den VfB Stuttgart, also zur besten Sendezeit. Denn Zuschauer wollten wir nicht haben, als wir das kleine Loch für das hingeschiedene Pflänzchen gruben. Natürlich blieben wir dennoch nicht unbemerkt. Hundebesitzer sind ja wohl immer unterwegs und manche haben ihren Pfiffi nicht ganz im Griff. Ich konnte gar nicht so schnell gucken, wie ein Schäferhund angaloppiert kam. Schwupps, schon hatte ich seine lange, feuchte Zunge im Gesicht. „Hilfe, mich hat ein Hund geküsst!“, hätte Lucy gerufen und ich am liebsten auch. Dann rannte der Hund aber schnell wieder weg, denn sein Herrchen hatte ihn zur Räson und in unsere Richtung „Entschuldigung!“ gerufen. Da kann man noch nicht mal in Ruhe seine Lieblingsorchidee unter einer alten Trauerweide begraben und ein bisschen um sie weinen! Komme mir jetzt kein Schlaumeier und denke, Tiere können doch gar nicht lachen und weinen. Und was ist dann mit den Krokodilstränen? Na? Und außerdem kann man auch nach innen weinen, ganz still für sich. Das klappt übrigens mit dem Lachen auch.

Cara hat mir das bestätigt. Als sie vor vielen Jahren ihren ziemlich blöden Job kündigte, da hat ihr ebenso blöder Chef so verdutzt geguckt, dass sie schnell wieder an ihren Platz gegangen ist und in sich hinein gelacht hat, weil der Blödmann zukünftig seine unsinnigen Vorgaben allein erfüllen müsste. So geht nach innen Lachen. Und ich habe gestern nach innen geweint. Glücklicherweise hat Cara keinen ihrer weisen Sprüche gesagt, wie: „Alles hat seine Zeit“, „Man muss auch loslassen können“ oder gar “Wenn sich irgendwo eine Tür schließt, dann geht woanders eine auf“. Nein, sie hat noch ein paar Vergissmeinnicht auf das Grab gepflanzt und dann sind wir gegangen.

Als wir wieder zu Hause waren, hatte Kommissar Stubbe längst seinen Fall gelöst. Cara hat mir dann einen leckeren Kakao gemacht und sich aus ihrer Zapfanlage ein Glas Rotwein eingeschenkt. Nach einer Beerdigung braucht man was Belebendes, meinte sie. 
Nach der Beerdigung gibt es einen Schluck
 
Und ich habe überlegt, wie ich wieder an was Fröhliches denken kann. Schließlich muss ich bis zum nächsten Sonntag zurück zur besten Zottellaune finden, denn dann ist schon mein Geburtstag und Cara hat all meine Freunde eingeladen. Ich habe wohl doch sehr betrübt geguckt, denn sie konnte es sich nun nicht länger verkneifen: „Kopf hoch, Zottel!“ Und dann kam’s: „The show must go on!“