Donnerstag, 6. September 2012

Mit Pflanzen sprechen und Wachstum fördern

Ich hatte im Juni bereits ein wissenschaftliches Experiment unternommen, um Pflanzen zu verstehen. Dabei hatte ich – wie angeraten – an den Wurzeln gelauscht. Meine charmanten Versuchskandidatinnen waren zwei Orchideen, das Goldstück und Rapunzel, wie sich der eine oder andere Leser erinnern wird.

Nun ein Bild von Rapunzel heute. Der Fortschritt ist vielleicht nicht für jedermann klar erkennbar, aber es ist ein stolzes neues Blatt hinzugekommen. Das sind kleine Erfolge, aber auch die zählen. Verstehen kann ich Rapunzel zwar noch immer nicht, aber es liegt nicht, wie ehedem angenommen, an meinem Hörvermögen, sondern muss auf ein traumatisches Ereignis zurückzuführen sein. Denn ich bin Rapunzels Geschichte nachgegangen. 

Rapunzel mit dem neuen Blatt
 
Von Cara erfuhr ich, dass sie Rapunzel gerettet hat. Irgendein garstiger Mensch hatte sie auf eine Mülltonne gestellt, quasi der Entsorgung überantwortet. Rapunzel hatte nur noch ein Blatt, wenige Wurzeln und natürlich keine Blüten. Ich frage meine Leser, macht man so was? Die Pflanze lebte doch noch! Wer sich mit Orchideen beschäftigt, der weiß, dass es Geduld erfordert, um zu sehen, wie sie wieder aufblühen. Cara hat zwar Rapunzel gerettet, doch die Sprache hat die Pflanze noch nicht wiedergefunden. Man weiß es ja, beispielsweise aus dem Film „Das Geisterhaus“, traumatische Geschehnisse haben auf sensible Wesen eine tiefe Wirkung und können zu Sprachlosigkeit führen, auch Mutismus genannt. So erging es in dem Film Clara, die unbeabsichtigt Zeugin der Obduktion ihrer Schwester wurde. Kann man schon nachvollziehen, dass es da jemandem die Sprache verschlägt.

Ähnlich wird es bei Rapunzel gewesen sein, als man sie aussetzte. Vor einer Woche noch im wohlig warmen Wohnzimmer von allen Besuchern ob der Blütenpracht bewundert, nun der Gesellschaft für nicht mehr würdig befunden. Das ist ein Schock. Da fühlt man doch mit. Ich sehe es aber als ein gutes Zeichen an, dass Rapunzel erst die vielen Wurzeln und jetzt ein Blatt hervorgebracht hat. Ganz unbeteiligt bin ich daran aber nicht. Ich habe jeden Tag nach ihr geschaut und Dinge gesagt wie: „Lass mich dein Esteban Trueba sein und ich werde für dich sorgen, was immer dir auch fehlt.“ Ja, so romantisch kann ich sein, das hätte vielleicht der eine oder andere nicht vermutet. Ich bekam zwar erst mal keine Antwort, doch eines Tages erblickte ich, wie sich da so ganz klein das winzige Blatt im frischen Grün zeigte. Na, wenn das kein Zeichen ist. Nun warte ich geduldig auf ihren ersten zaghaften Klicklaut, mit dem sie sich mir in Dankbarkeit mitteilt. 
Mein Rapunzelchen