Heute
ist mein Geburtstag und an meinem Geburtstag bin ich immer ein bisschen
traurig. Nein, mit dem Älterwerden hat das nichts zu tun. Ich denke dann an
Heinrich, meinen Zwillingsbruder. Kaum hatte man mir als finalen Akt des
Werdens zack zack die Äuglein ins Gesicht gedrückt, schon blickte ich als
erstes in freundlich lächelnde Mandelaugen. Ungefähr so wie hier auf meiner
Lieblingstasse:
Die schönen Augen unserer Hebamme |
Doch
die Mandelaugen hatten auch flinke Fingern, die mir im Nu die Fliege annähten.
Und fertig war der Zottel.
Neben
mir auf ihrem Arbeitstisch saß auch ein Bär, der glich mir haargenau. Sozusagen
wie ein Ei dem anderen. Das konnte also nur mein Zwillingsbruder sein.
Freundlich war er, brummte ein kurzes "Heinrich" und bekam auch
gleich zwei braune Augen verpasst, um fröhlich in die Welt zu blicken. Danach
legte uns Mandelauge in eine Kiste, dicht nebeneinander und stülpte einen
Deckel darüber. Puh, war das eng und dunkel. Heinrich und ich haben uns ganz
fest bei den Tatzen genommen. Ich sage es ungern, wir hatten Angst. Eigentlich
die ganze Zeit über, als wir verschifft wurden und danach auf hoher See
schaukelten. Glücklicherweise waren wir seetauglich. Konnte man ja vorher nicht
wissen.
Da
waren wir ganz schön froh, als mit einem Mal der Deckel angehoben wurde. Im
ersten Moment konnten wir nur blinzeln, so hell war das Licht bei Douglas im
Geschäft. Es sah alles wunderschön aus und wir haben uns gefreut wie Bolle,
doch nicht lange. Mit einem Mal griff eine Verkäuferin nach Heinrich und sagte:
„Den nehme ich gleich mit, mein Neffe hat morgen Geburtstag.“ Ich höre die
Worte noch wie heute. So was vergisst man ja nicht. Dann war ich ganz allein
unter lauter fremden Bären, die alle so aussahen wie ich. Doch keiner war wie
Heinrich.
Meine Erinnerung an Heinrich |
Nun
habe ich es mir von der Seele geschrieben und will nicht länger traurig sein,
sondern meinen Geburtstagskuchen essen. Heute gibt es keine Torte von MonsieurToddier. Cara hat selbst Hand angelegt. Ich bin aber skeptisch. Sie hat die
Äpfel zuerst in die Form gelegt und sie dann mit dem Teig bedeckt. Meiner
Meinung nach ist das die falsche Reihenfolge. Als sie den Kuchen aus dem Ofen
holte, duftete er gut, kann man nicht anders sagen. Und sie rief voller
Begeisterung über ihr Werk: "Da ist sie, meine Tarte, tätä!!!" Nun
geht es ans Testen, ob die Fanfare des Triumphs auch hält, was sie verspricht.